Bursfelder Miniaturen

Revue passierte Schau von Beiträgen zur Geschichte und monastischen Spiritualität eines benediktinischen Weserklosters. Erarbeitet von C.C. Sumpf, Hann. Münden

Denn immer wieder wird's mir offenbar,
Wie Jesus auch einst in Versuchung war:
Wie ihm auch dünkt' des Lebens Angebot,
Den toten Stein zu tauschen gegen Brot.

Wie ihm auch auf des Tempels höchster Zinn
Die große Tat schien köstlicher Gewinn,
Wie ihm auch in der Erde Zauberbild
Des Lügengeistes Antlitz sich enthüllt!

Wie ward der Preis des Sieges ihm zuteil?
Nicht in der Einsamkeit fand er das Heil!
Fort aus der Wüste lenkte er den Schritt,
Nahm zum Geleit nur seinen Glauben mit!

Er sah im Geist der Erde Lug und Trug
Und fühlt' der Sünde und des Todes Fluch
Kein andrer nahm so ohne jeden Wahn
Das Leid der Welt und ihr Verderben an.

Und dennoch hielt sein Glaube unverwandt
Sich an des Vaters treue Führerhand,
Und selbst der Zorn, das drohende Gericht,
Verbarg ihm nicht des Vaters Angesicht.

Wenn dir die Schöpfung zum Verderben wird,
Der böse Geist nur ist's, der dich verführt,
Denn alles, was Gott schuf durch seine Macht,
Hat seine Liebe uns zum Heil erdacht.

Nicht aus der Welt etflieh’n! Es gilt den Streit,
Des Satans Sturz und seiner Herrlichkeit!
Die Lüge ist sein Reich, — es wird zerstört,
Wenn alle Welt die lautre Wahrheit hört:

Dass auch im Leid — und sei es noch so groß —
Du doch geborgen bist in Gottes Schoß,
Dass selbst am Kreuz, indes dein Blut verrinnt,
Du dennoch bleibst des Vaters liebes Kind!

O Wunder über Wunder! Heilges Bild,
Wie hast du meiner Seele Durst gestillt?
Wie ward dein Glaube mir zum Unterpfand
Der Wahrheit, die ich selber nie erkannt!

Nun gibt es nichts mehr, was Verderben droht.
Nun ist bezwungen alle Herzensnot:
Nur der gewinnt den Sieg des Lebens ganz,
Der Gott vertraut auch unter'm Dornenkranz!

Prof. Dr. Dr. Dr. Carl Stange

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