Bursfelder Miniaturen

Revue passierte Schau von Beiträgen zur Geschichte und monastischen Spiritualität eines benediktinischen Weserklosters. Erarbeitet von C.C. Sumpf, Hann. Münden

Hauptpatron ja der Apostel Thomas blieb, welcher in der Christenheit seit alters als Schutzheiliger der Architekten gilt und dessen Attribut daher häufig das Winkelmaß ist.

Was ich nämlich in diesem Zusammenhang zeigen möchte, sind entschlüsselte rituelle Methoden, mit denen urchristliche Spiritualität einst in einen engen Zusammenhang mit kosmischem Geschehen gestellt wurde; und ich möchte der Frage nachgehen auf welche Weise unsere Altvorderen jahrhunderte lang den Geist der Heiligen in ihren sakralen Bauten zu konzentrieren verstanden.

Es wird sich dabei erweisen - soviel sei schon angedeutet - dass die Aura des Heiligen Thomas das Bursfelder Gotteshaus in vielfältiger Wiese symbolhaft erfüllt. Und ich meine, dass es uns so vernüchterten Diesseitsmenschen dienlich sein könnte, uns der überraschenden Realität bewusst zu werden, dass in unseren christlichen Sakralbauten viel mehr Kräfte auf uns warten, als wir vermutet haben.

Die Klostergeometrie und ihr Sinn

Die geometrische Ausrichtung der Bursfelder Kirche erfolgte unter genauer Berücksichtigung des geodätischen Azimutes auf den 21. Dezember, und wir hörten ja, dass dies der Thomastag ist. Dass man solches mit ziemlicher Perfektion fertig brachte, ist weniger erstaunlich, nachdem wir heute wissen, dass sich die dazu notwendigen Erkenntnisse bereits auf die Pythagoräer zurückführen lassen.

Die Länge der Apsissehne, die sog. Patrozinalstrecke war bei der Vorläuferkapelle mit 12 rfß (Römerfuß) eindeutig auf Thomas bezogen. In der vorkarolingischen Zeit hatten nämlich (nach BLUMENSTEIN) die „Patrozinalstrecken“ der Thomaskirchen meist dieses Fußmaß.

Der etwa 300 Jahre später um 1093 erbauten Bursfelder Klosterkirche liegt ein Grundmaß (auch “Modul“ genannt) von 18 kfß (Karolingfuß) zugrunde, wie es seit der karolingischen Zeit auch für die Längenvorgabe der Apsissehne für Thomaskirchen gebräuchlich war.

Faszinierende Überraschungen

Die Deutung und Erklärung dieser Maßgebung sieht so aus:

Ausgangspunkt war die Anzahl der Buchstaben des Namens des heiligen Thomas; „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen“... (Jes. 43,1). Sein Name sollte geistiger Träger des Gotteshauses sein. Da man ihn lateinisch schrieb, ergaben sich 6 Buchstaben. Umgeben mit der sanktifizierenden Glorie der Trinität wird die Zahl 18 (6 x 3) zur „Patrozinalzahl“ des Thomas-Kirchenbaues erhoben und bestimmt nun dessen gesamte Konstruktion in Länge, Breite und Höhe.

Die Zahl 18 ist also hinfort nicht nur für die Bursfelder Apsisgröße von Bedeutung, sondern zielt in unserem beispielhaften Gotteshaus überraschenderweise vor allem auf rituelle Effekte ab. Das manifestiert sich wohl am faszinierendsten in den Resultaten eines solchen

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