Bursfelder Miniaturen

Revue passierte Schau von Beiträgen zur Geschichte und monastischen Spiritualität eines benediktinischen Weserklosters. Erarbeitet von C.C. Sumpf, Hann. Münden



Die Bursfelder Reliquien

Unstrittig hat die Bursfelder Klosterkirche ein Doppelpatrozinium, sie ist dem Apostel Thomas und dem Nikolaus von Myra geweiht. Natürlich hatte man sich, wie üblich, vor der Einweihung bemüht, Reliquien beider Heiligen herbeizuschaffen.

Es sind bislang keine Quellen aufgetaucht, die genauere Auskunft über deren Herkunft und feierliche Deponierung im Bursfelder Gotteshaus geben. Wir müssen aber vermuten, dass sich im versiegelten Sepulcrum des steinernen Altares im älteren Langhaus , der sog. Westkirche, die Reliquie des Bursfelder Hauptheiligen Thomas befindet, jenes Heiligen, der vehement an der Auferstehung Christi zweifelte bis er den Auferstandenen leibhaftig vor sich sah und seine Hand in dessen Seitenwunde legen konnte. Ihm wurde die Ehre zuteil, dass seine Reliquie am Ort der Präsentation des Blutes Christi ihren Platz fand. Und es wird noch dazu in der Auferstehungszeit die Abendsonne folgerichtig auf dies Sepulcrum gelenkt. (vgl. „Bursfelder Lichterscheinungen“). Jünemann führt dagegen nicht weniger einleuchtende Argumente dafür an, dass dieses Sepulcrum die Reliquie der Katharina von Alexandrien birgt, der nachweislich 1315 in Bursfelde ein Altar geweiht wurde. -

Während wir bezüglich der Reliquie des Apostels Thomas mutmaßen mussten, erfahren wir über die vermutliche Nikolausreliquie Konkreteres. Im Bericht über die umfangreichen Baumaßnahmen zwischen 1902 und 1904 berichtet Hellenberg, dass sich beim Abbruch der maroden Westmauer zwischen dem „Rundfenster“ und dem Türsturz des großen Portals in Seidenpapier gehüllte Reliquienteile in einem Hohlraum des Mauerwerkes fanden. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um eine Nikolausreliquie handelt.

Das ist deswegen wahrscheinlich, weil die Mönche – wie üblich - im Narthexbereich ihrer Kirche das ihnen gewährte Marktrecht ausübten, und Nikolaus der Patron der Schiffer und Kaufleute war. Hier befand sich die unmittelbar vorgelagerte Weserfurt, die einen lebhaften Handel mit den Passanten ermöglichte, der hier unter den Schutz des Heiligen Nikolaus getätigt wurde.

Der gleiche Hellenberg berichtet in einem späteren Artikel, dass jene Reliquien „ein Finger oder ähnliche kleine Knochen“ bei Fertigstellung der Westmauer wieder in das Mauerwerk über dem Portal eingefügt wurden, wo sie sich bis heute befinden. (Spf.)

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Literatur:

HELLENBERG, Die Wiederherstellung der benediktinischen Klosterkirche Bursfelde (I), Mündensche Nachrichten vom 16. März 1902.

HELLENBERG, Die Wiederherstellung der … (II), Mündensche Nachrichten vom 8. Juni 1902.

JÜNEMANN, J. Das Kloster Bursfelde im Licht radiästhetischer Erkenntnisse, S. 37 f, Göttingen / Dransfeld 1988

Zu den in den Artikeln mitgeteilten Bauplanungen, Aktivitäten u. Veränderungen in der Zeit um 1900, sind hilfreich:
Mündensche Nachrichten: Nr. 37 (1894); Nr. 58 (1897); Nr. 107 (1898) sowie Nr. 180 (1901).
HELLENBERG, Die Wiederherstellung… (III), Mündensche Nachrichten vom 14. Februar 1903.
MATTHAEI, (Pastor in Hemeln), Die Klosterkirche zu Bursfelde. Mündensche Nachrichten vom 22. April 1906.



Der Altar mit dem vermutlichen Thomas-Sepulcrum
(Foto: Sumpf)


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