Bursfelder Miniaturen

Revue passierte Schau von Beiträgen zur Geschichte und monastischen Spiritualität eines benediktinischen Weserklosters. Erarbeitet von C.C. Sumpf, Hann. Münden

"Willst du Suppe saufen, dann sauf mit dem Löffel!"
Anstandsregeln aus dem Kloster Bursfelde

Schon 300 Jahre bevor der niedersächsische Freiherr von Knigge sein berühmt gewordenes Buch "Über den Umgang mit Menschen" verfasste, stellte Abt Johannes von Hagen, der von 1439 bis 1469 dem Kloster Bursfelde vorstand, 32 Anstandsregeln für die Novizen seiner Abtei auf.

Bursfelde war zu der Zeit längst kein Adelskloster mehr, wie noch zu Anfang, sondern hatte auch Zulauf von Bauernsöhnen, denen oftmals manche Anstandssitte fremd war. Es müssen zu jener Zeit die rohen Manieren im Kloster unerträgliche Formen angenommen haben, so dass sich Abt Johannes veranlasst sah, vor allem das Verhalten bei Tische und beim Abendmahl der Würde des Klosters anzupassen.

Allerdings musste er Formulierungen wählen, die auch von ungehobelten Neulingen verstanden wurden. Immer wieder werden dabei Vergleiche mit der Tierwelt angestellt, die Bauernsöhnen doch aufs Engste vertraut war. Auch wird ganz offensichtlich an mancher Stelle versteckter Humor des Abtes in die Regeln eingeflochten. Dabei erinnert die derbe Ausdrucksweise an Martin Luther, der ja etwa ein Jahrhundert später den Leuten auch "aufs Maul zu schauen" verstand.

So lesen wir: "Wenn du kommst an des Herrn Tisch, dann sollen deine Hände vor allem rein sein, damit du nicht dastehst und dir die Hände reibst wie ein Priester, wenn er ein Kind getauft hat." "Du sollst den Finger nicht in den Mund stecken und über die Zähne reiben; auch sollst du deine Nägel nicht bei Tische abkauen; so was gehört sich zu tun, wenn du allein bist." "Du sollst die Füße und die Beine nicht ausstrecken wie ein Schütze, der die Armbrust spannt und die Hände nicht unter die Arme schlagen wie ein Fischer, dem die Hände frieren."

Einen breiten Raum nehmen die Trinksitten ein, da heißt es u. a.: "Du sollst vor dem Essen und nach dem Essen Wasser zu dir nehmen." "Du sollst nicht trinken, wenn du Speise im Munde hast, gleich einem Rind, nicht schnell trinken wie ein Ochs, nicht mit dem Halse glucksen wie ein Pferd." "Du sollst nicht den Daumen in den Becher drücken wie ein Bierzapfer und den Becher nicht ganz leer trinken wie ein Küster, wenn er den Wein kostet." Du sollst keine langen Züge nehmen wie eine Taube und nicht nach allen Seiten trinken wie ein Schaf."

Weiterhin: "Du sollst nicht prusten wie ein Bär und die Nase nicht in den Becher hängen wie ein Schwein." "Du sollst nicht lutschen wie bei einer Amme und dich nicht voll saufen wie ein Schuft."

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